Wenn es um die Umwelt geht, ist Deutschland kein Preis zu hoch. Nirgends wird hingebungsvoller der Müll getrennt, am Strom gespart, auf Wasser verzichtet. Doch wie beim Biosprit E10 stehen Aufwand und Ertrag oft in keinem Verhältnis, mitunter schadet der gute Wille sogar.
Der Bürger hat es vermasselt, mal wieder. Dabei war alles vorbereitet für die grüne Revolution: frisches Benzin an den Tankstellen, neue Schilder, die Depots der Raffinerien bis zum Rand gefüllt. Und dann das: Der deutsche Autofahrer verweigert sich der neuen Zeit. Er mag einfach kein E10 kaufen, selbst da nicht, wo es fast zehn Cent billiger ist als ein Liter Super. So etwas kann sich die Bundesregierung natürlich nicht bieten lassen. Ja, das ist ärgerlich, aber ein Verkaufsstopp für E10 kommt nicht in Frage, sagte Umweltminister Norbert Röttgen am Dienstag vergangener Woche, zum Auftakt eines eilends einberufenen Benzingipfels in Berlin. Immerhin handle es sich bei der Einführung des neuen Kraftstoffs um einen Meilenstein der deutschen Klimaschutzpolitik, wie der Minister mit drohendem Unterton hinzufügte.
Dass es sich bei E10 um einen Ökoschwindel handelt, ist vielen noch nicht einmal richtig bewusst. Wer der Umwelt etwas Gutes tun will, sollte das neue Benzin auch in Zukunft meiden. Neun große europäische Umweltverbände haben in einer gemeinsamen Studie herausgefunden, dass die Umweltbilanz von Kraftstoff aus nachwachsenden Rohstoffen unterm Strich eindeutig negativ ist. In Brasilien und auf Borneo werden die Regenwälder gerodet, um Platz für Zuckerrohr und Ölpalmen zu schaffen. Gleichzeitig fehlen für Nahrungsmittel die Anbauflächen, weshalb weltweit Hungersnöte drohen. Im vergangenen Jahr ist der Preis für Getreide auf dem Weltmarkt stark gestiegen. Für eine einzige Tankfüllung Bio-Ethanol geht etwa so viel Korn drauf, wie ein Erwachsener in einem ganzen Jahr essen kann. Um nur den deutschen Mehrbedarf an Biosprit decken zu können, brauchte es ein Anbaugebiet von etwa einer Million Hektar. Das ist eine Fläche viermal so groß wie das Saarland, die gedüngt, mit Pestiziden behandelt und intensiv bewirtschaftet werden muss. Umweltverbände rechnen europaweit mit bis zu 56 Millionen Tonnen zusätzlicher Treibhausgase jährlich, ein Umweltverbrechen, das sofort gestoppt werden müsse.
Man sollte erwarten, dass es zu denken gibt, wenn Politik so oft das Gegenteil von dem bewirkt, was beabsichtigt war. Das Biobenzin sollte die Umwelt schonen und das Klima entlasten tatsächlich zerstört es die Regenwälder und erzeugt mehr CO2 als jeder herkömmliche Treibstoff. Der sparsame Umgang mit Wasser war zum Schutz der natürlichen Grundlagen gedacht jetzt muss unten eingelassen werden, was oben fehlt. Das Aus für die Glühbirne gilt als Meilenstein auf dem Weg zum klimaneutralen Wohnen in Europa dafür fährt China die Quecksilberproduktion hoch. Es wäre an der Zeit, vielleicht innezuhalten im Bemühen, die Umwelt zu verbessern, und sich die Frage zu stellen, was wirklich hilft und was eher nicht. Warum nicht einfach mal sagen: Sorry, wir haben uns geirrt? Aber so funktioniert es nicht. Der Ökologismus kennt keine Zweifel. Weil ja nie die Idee falsch ist, sondern es nur an der richtigen Ausführung fehlt, können die Anhänger an ihrem Kurs festhalten. Die Richtung stimmt immer. ... Der Bürger wird alles geduldig ertragen, was bleibt ihm anderes übrig. Es dient ja der Umwelt, und dagegen kann niemand, wie man weiß, etwas haben.